Die Posthalter haben mit der Auswahl und Einstellung der Postillione manche Sorge gehabt. Sie waren ihre Angestellten und von ihnen zu entlohnen. Aus der Schar der Postillione wurden nach Möglichkeit die Postunterbeamten rekrutiert, weil eine gewisse Erfahrung in postalischen Dingen vorausgesetzt werden konnte und Charakter und Leistung unter Beweis gestellt waren. Sie mußten allerdings absolut saubere Papiere haben. Zwischen Postverwaltern und Posthaltern ist es nicht selten zu einer gewissen Abwerbung von Kräften gekommen. Im Juli 1890 wollte Postverwalter Mönnig in Schieder den bei der dortigen Post-halterei beschäftigten Postillion Meier als Privatunterbeamten einstellen. Mönnig benötigte dringend eine Kraft, er stellte dem Postillion die Einstellung in den Postdienst in sichere Aussicht, worauf dieser seine Stelle kündigte. Die Oberpostdirektion, um Einstellungsgenehmigung angegangen, lehnte ab, weil Meier als Postillion eine Person in den Postwagen aufgenommen hatte, ohne diese in den Personenzettel eingetragen zu haben. Er hatte dafür eine Geldstrafe von 3 Mark erhalten. Mönnig, in höchster Personalnot, gab sich mit dem Entscheid nicht zufrieden. Er stellte die besonderen Fähigkeiten Meiers heraus und charakterisierte zugleich die drei andern Schiederschen Postillione, von denen einer gleichfalls wegen Dienstwidrigkeit im Postilliondienst bestraft war und die beiden andern ungeeignet erschienen. Die Oberpostdirektion teilte ihm mit, daß ihre Entscheidung eine endgültige sei.
Das Personal und seine Entlohnung
Als Carl Dose Ende Mai 1870 freiwillig seinen Posten als Postexpediteur in Schieder niederlegte, stand die Postverwaltung vor einer kaum lösbar erscheinenden Situation. Ein Nachfolger war nicht zu finden. Der bei Doses Ausscheiden mit der Prüfung der Postkasse beauftragte Beamte machte noch am 31. Mai 1870 der Oberpostdirektion in Münster den Vorschlag, die Postexpedition in Schieder für die Folge kommissarisch verwalten zu lassen, zumal sich auch die Verhältnisse dort mit der Eröffnung der Eisenbahn Hannover—Altenbeken und der Verlegung der Post nach dem Bahnhof entscheidend verändern würden. Die Postverwaltung stimmte zu und so wurde der noch von Dose in Dienst genommene Postgehilfe Nigge-meier Postverwalter in Schieder. Ihm folgt bereits am 1. Dezember 1870 der Postgehilfe Thorn und am 1. Juni 1874 der Postassistent Dörger. Als dieser Ende 1879 nach Bielefeld versetzt wurde, folgten ihm in schneller Folge fünf weitere Postverwalter, bis am 1. April 1882 der Postverwalter Mönnig aus Bad Nenndorf die Leitung des Postamts Schieder erhielt. Er war jetzt zum dritten Male in Schieder, denn im Jahre 1868 war er Postgehilfe unter Carl Dose und 1873 unter Thorn gewesen.
Mönnig war als Postverwalter genau vierzig Jahre in Schieder tätig, er starb im April 1922 im Dienst. In seiner langen Dienstzeit hat er entscheidend den Stil des Schiederschen Postamts geprägt. Als pflichtbewußter, peinlich auf die Erfüllung der Dienstobliegenheiten bedachter Beamter wurde er von seinen Vorgesetzten hoch geschätzt. Seine schöne, wie gestochen erscheinende Schrift ist für den Leser eine Augenweide, sie findet nicht ihresgleichen in den Akten des Postamts Schieder während mehr als eines Jahrhunderts. Der Dienst, besonders der sich im Laufe der Jahre immer mehr steigernde Umschlagsverkehr von der Eisenbahn zur Post und umgekehrt, verlangte von ihm ein außerordentliches Arbeitsmaß, zumal er im Orte wohnte und täglich, bis zur Verlegung der Post vom Bahnhof in den Ort im Jahre 1896, den langen Weg zum Bahnhof mehrmals zurückzulegen hatte. Es wird berichtet, daß er bis zum genannten Jahr schon kurz vor 6 Uhr morgens zum Dienst antrat und niemals vor 9.30 Uhr abends nach Hause kam.
Die Post in Schieder litt dauernd unter erheblichem Personalmangel und so finden sich denn auch in den Briefen und Berichten Mönnigs an die Postverwaltung immer wieder Klagen über fehlendes und Anträge auf Einstellung weiteren Personals.
Die Einstellung des Personals sowohl für Verwaltung und Schalter, als auch für Bestellung und Expedition war nach dem Vorbild Taxis Sache des Postverwalters. Mit ihm stand das Personal in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis, wogegen der Postverwalter die Personalvergütung und die Mittel zur Bestreitung der Amtsbedürfnisse von der Postverwaltung erhielt. Der Mittelfestsetzung ging immer eine genaue Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit voraus. In den siebziger Jahren waren die Postverwalter ebenfalls auf Tagegeld verpflichtete Privat-Postbedienstete. Der Postanwärter Keiner, der am 1. 4. 1880 die Leitung des Postamts Schieder erhielt, hatte zu beziehen: 1. Tagegeld von 2,— Mark, 2. Vergütung für Unterhaltung eines Privatgehilfen jährlich 648,— Mark, 3. Vergütung für Unterhaltung eines Privatunterbeamten jährlich 537,— Mark, 4. Vergütung für Amtsbedürfnisse jährlich 216,— Mark. Neben den Privatbediensteten gab es etatmäßig angestellte Kräfte, so die Landbriefträger, wie überhaupt die Bediensteten nach einer angemessenen Dienstzeit und bei Vorhandensein von Planstellen etatmäßig angestellt wurden und dann die Vergütung direkt aus der Postkasse erhielten. Im Jahre 1874 wurde der 1861 in den taxisschen Postdienst eingetretene Briefträger Hartmann aus Schieder als Landbriefträger etatmäßig angestellt. Er erhielt im Jahre 1884, kurz vor seiner Pensionierung, ein Gehalt von 720,— Mark. Als er 1886 in den Ruhestand trat, wurde seine Pension auf jährlich 282,— Mark festgesetzt.
Das Verwaltungs- und Schalterpersonal
Der Verwaltungs- und Schalterdienst wurde in Schieder nach 1870 vom Postverwalter und seinem Privatgehilfen wahrgenommen. Daneben nahm man junge Leute als Schreibhilfen und Anwärter für die Beamtenlaufbahn, allerdings ohne Vergütung, an. Geeignete Postgehilfen zu finden, war für die Postverwalter nicht eben leicht. Am 12. Oktober 1872 schrieb die Oberpostdirektion in Münster dem damaligen Schieder-schen Postverwalter Thorn, daß es die demnächstigen Verkehrsverhältnisse notwendig machen würden, am 1. November einen routinierten Postgehilfen einzustellen, dem eine angemessene Vergütung aus der Postkasse gewährt werde. Thorn wurde beauftragt, schleunigst einen geeigneten Gehilfen zu engagieren und ihm anheim gestellt, mit einem Gehilfen Reinersmann in Altenberge bei Münster Verbindung aufzunehmen. Er seinerseits schlug im Postdienst tätige Personen aus Belle und Rischenau vor, die aber von der Postverwaltung als ungeeignet bezeichnet wurden. Reinersmann forderte 400 Rth. jährlich, fast das Doppelte von dem, was Thorn als Postverwalter bezog. Das war der Postverwaltung zu viel, und so wurde Thorn beauftragt, mit dem Gehilfen Mones aus Paderborn zu verhandeln. Der kam denn auch nach Schieder bei einer eigens vom Reichspostmeister Stephan in Berlin festgesetzten Vergütung von jährlich 240 Rth. Mones ging bereits im Mai 1873 nach Meinberg, und so war Thorn wieder in Nöten. Die Postverwaltung hat dann von sich aus die Besetzung der Postgehilfenstelle geregelt und Gehilfen in ständigem Wechsel nach Schieder geschickt. In den Rapporten des Postamts findet sich nahezu in jedem Jahr ein anderer Postgehilfe. In diesem Wechsel lag eine gewisse Absicht, denn die Postverwaltung hatte erkannt, daß Postverwalter Mönnig befähigt war, den Gehilfen für ihren Beruf den letzten Schliff zu geben.
Den Vorschlag, die Gehilfenvergütung auf 240 Rth. festzusetzen, hatte Thorn mit einer bewegten Klage über die Teuerung in Schieder verbunden. Anfang 1880 schien der Postverwaltung diese Vergütung, 720 Mark im Jahr, zu hoch zu sein, und sie setzte deshalb einen höheren Beamten zur Untersuchung der Lebensverhältnisse nach Schieder in Marsch. Dieser meldete am 9. März 1880, daß die Teuerung inzwischen nachgelassen habe, die Vergütung von 720,— Mark zu hoch sei und der in andern Orten gezahlten angeglichen werden müsse. Nach seiner Feststellung zahle der Gehilfe Witte für den Mittagstisch monatlich 24,— Mark, für Frühstück und Abendbrot 18,— Mark, zusammen 42,— Mark. Als Wohnung benutze er das Dienstwachtzimmer, das er auf eigene Kosten mit einem Bett versehen habe. Der Prüfungsbeamte stellte den Antrag, die Gehilfenvergütung auf 648,— Mark jährlich, monatlich 54,— Mark, zu ermäßigen, was die Postverwaltung denn auch tat. Witte verblieben nun für Kleidung und sonstige Dinge der Lebensnotdurft ganze 12,— Mark im Monat. Im Jahre 1890 wurde die Gehilfenvergütung von 648,— auf 650,— Mark erhöht. Der Gehilfe Schlechte erhielt 602,— Mark Barauszahlung, für Bett, Wäsche, Handtücher usw. berechnete Postverwalter Mönnig, da die Schlafstelle des Gehilfen zu den Postdiensträumen gehörte und er die benötigten Sachen stellte, monatlich 4,— Mark. Am 31. Juli quittierte Schlechte eine Gehaltsnachzahlung für die Monate April/Juni 1 890 von fünfzig Pfennigen. Bei allem legte die Postverwaltung großen Wert auf eine einwandfreie Haltung und angemessene Unterkunft der Gehilfen. Wegen befürchteter Alkoholexzesse sollten sie nach Möglichkeit nicht in Gasthäusern wohnen, und Mönnig mußte denn wiederholt auf Anfrage mitteilen, daß das in Schieder nicht der Fall sei. Die Gehilfen schliefen meist im Postwachtzimmer und erhielten Verpflegung an Mönnigs Tisch.
Am 15. April 1895 wandte sich Mönnig an die Oberpostdirektion in Minden mit der Bitte, ihm für die reibungslose Abwicklung des ständig wachsenden Postverkehrs eine Schreibhilfe oder wenigstens einen überzähligen Dienstanfänger zu gewähren. Seit 1873 gebe es in Schieder nur einen Amtsvorsteher und einen Gehilfen, dagegen habe vor allem der Durchgangsverkehr sehr zugenommen. Über das Postamt Schieder würden fast sämtliche Brief-, Paket- und Geldsendungen der Postämter Blomberg, Barntrup, Bösingfeld, Schwalenberg sowie der Postagenturen Alverdissen, Humfeld, Großenmappe, Brakelsiek, Linderhofe und Hcrrcntrup, weiter ein großer Teil der Sendungen der Postämter Lemgo, Meinberg und Rischenau geleitet. Im Jahre 1894 seien 3269 Telegramme verarbeitet worden, darunter fast alle nach und von Schwalenberg und Rischenau. Der zur Prüfung nach Schieder entsandte Beamte fand, daß die dortigen Beamten wöchentlich 1543Ai Stunden Dienst zu machen hatten und daß die Vermehrung des Beamtenpersonals in Schieder schon vor Jahren hätte erfolgen müssen. Der Postverwalter selbst müsse sich täglich vormittags und nachmittags am Abfertigungsdienst beteiligen, und die Beamten hätten nur an jedem zweiten Sonntag für einen halben Tag dienstfrei. In der Tat muß der Postverkehr in Schieder damals sehr erheblich gewesen sein, denn im Jahre 1895 bestanden täglich 18 Postverbindungen. Von 6.15 Uhr morgens bis 9.10 Uhr abends waren neben 6 Eisenbahnposten Botenposten nach Blomberg und Schwalenberg und Personenposten nach Rischenau, Barntrup und Lemgo abzufertigen. Die Postverwaltung bewilligte Mönnig ab 1. Juni 1895 eine Schreibhilfe mit einer Jahresvergütung von 300,— Mark und wandelte diese Stelle am 1. April 1896 in eine zweite Postgehilfenstelle mit einer Jahresvergütung von 650,— Mark um. Am 28. Juni 1897, zwei Tage vor Eröffnung der Eisenbahn Schieder—Blomberg, wurde Mönnig von der Oberpostdirektion unterrichtet, daß durch den Anschluß Blombergs an das Eisenbahnnetz die Betriebsverhältnisse bei seinem Postamt so vereinfacht würden, um die zweite Gehilfenstelle am 15. Juli einziehen zu können. Mönnig widersprach, vornehmlich mit der Begründung, daß die Eisenbahnverwaltung Einwendungen gegen direkte Kartenschlüsse nach Blomberg mache. Er schlug vor, ihm die Stelle bis zur Verlegung der Post vom Bahnhof nach dem Ort zu belassen. Die Postverwaltung stimmte zu, zog aber dann doch die Stelle ein.
Um die Jahrhundertwende wurde die Postgehilfenstelle in Schieder in eine Stelle für noch nicht angestellte Postassistenten umgewandelt. In dieser Stelle waren die aus Schieder stammenden Postassistenten Albert, später Nachfolger Mönnigs als Postverwalter in Schieder und Wendt, später Oberpostassistent in Blomberg, tätig. Anfang 1906 wurde aus dieser wieder eine Stelle für einen Postgehilfen auf Vergütung. Im Spätherbst 1906 stellte Mönnig wieder einen Antrag auf Einrichtung einer Schreibhilfenstelle bei seinem Amt. Der zur Prüfung entsandte Oberpostinspektor Lingemann aus Minden bejahte die Notwendigkeit und belegte diese mit Prozentangaben über die Verkehrssteigerung von 1905 auf 1906. Allein die Ferngespräche hätten eine Zunahme um 83 % erfahren. Es müßten mindestens zwei Beamte anwesend sein, denn in vielen Fällen erfordere die Herstellung einer Verbindung 10, 20 und noch mehr Minuten. In solchen Fällen neige das Publikum leicht dazu, die Sparsamkeit der Post für die Verzögerungen verantwortlich zu machen, und hätte dazu auch berechtigten Grund, wenn durch die Bedienung des Fernsprechers der Dienst am Schalter verzögert würde. Der Arbeitszuwachs in Schieder komme in den etatmäßigen Einnahmen nicht klar zum Ausdruck. Viele Sendungen würden als „Fürstliche Angelegenheit" portofrei befördert. Die Höhe der etatmäßigen Einnahmen werde künftig, wenn die fürstliche Familie regelmäßig etwa 8 Wochen im Jahr in Schieder weile, noch weniger als bisher Maßstab für den Arbeitsumfang des Postamts Schieder sein. Dazu ist zu bemerken, daß man hinsichtlich der Portofreiheit im fürstlichen Bereich postseitig sehr auf die Verhinderung des Mißbrauchs bedacht war. Der damalige Schiedersche Domänenpächter Osterwald hatte im November 1903 ein gebührenfreies Telegramm an die fürstliche Hofhaltung in Detmold aufgegeben, das aber von der dortigen Post als gebührenpflichtig angesehen wurde. Osterwald war gemäß Pachtvertrag zur Lieferung von Butter an die fürstliche Hofhaltung verpflichtet und glaubte im Postverkehr mit dieser und als fürstlicher Domänenpächter die Gebührenfreiheit in Anspruch nehmen zu können. Mönnig bat die Oberpostdirektion um Entscheidung, die besagte, daß Osterwald nicht zu den Personen gehöre, die im Auftrag der höchsten Herrschaften gebührenfreie Telegramme aufgeben könnten. Die Post habe die Gebühren einzuziehen und bei gewünschter Telegrammabschrift oder Quittung die bestimmungsgemäße Gebühr zu fordern. Osterwald selbst verweigerte nicht die Zahlung, verlangte aber eine Quittung, um vom fürstlichen Hofmarschallamt die Gebühren zurückfordern zu können.