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An alle Erheber, deren Häuser dem Staate gehörten, erging die Aufforderung, Wünsche über die fernere Verwendung der Zollhäuser vorzubringen. Im Bereich des Bauamts Blomberg befanden sich die staat­lichen Chausseehäuser Nessenberg, Rischenau und Sevinghausen bei Barntrup. Alle 3 Erheber wünschten den Kauf ihrer Gebäude. In der Regierung wurde es jedoch für zweckmäßiger gehalten, hier stattdessen Dienstwohnungen für Wegeaufseher und demnächstige Wegemeister einzurichten. Mietwohnungen waren für die Aufseher schwer zu erhalten. Wegeaufseher Krumsiek war am 1. April 1893 nach Schieder gekommen. Wegen seines energischen Auftretens waren ihm viele Einwohner feindselig gesinnt. Er lebte deswegen in dauernder Angst, daß ihm am andern Morgen die Wohnung gekündigt würde. Nach dem Fortzuge des Gees zog zwar Krumsiek am 1. Oktober 1897 im Nessenberge ein, doch wurde ihm vor­sorglich schon zum 1. April 1898 gekündigt.
Am 17. März 1898 genehmigte die Regierung den Verkauf an Brokmeier. Im Jahre zuvor hatte sie schon das Bauamt Blomberg ermächtigt, Schlagbäume und anderes Zubehör abzunehmen und zu verkaufen. Schmiedemeister Büngener bezahlte für die Schlagbäume in Belle, Nessenberg und Fischanger 20 Mark.

Schieder und die Eisenbahn
Die fehlende Eisenbahn
Das Eisenbahnzeitalter begann in Deutschland mit der Eröffnung der Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth im Jahre 1835. Es folgten 1837 die Linie Leipzig—Dresden, 1838 Berlin—Potsdam und 1845 Berlin— Hamburg.
Mit dem Bau der ersten Eisenbahnen begann auch der Siegeszug der Maschine, die Zeit der technisch­wirtschaftlichen Entwicklung. Die Maschinenarbeit trat immer mehr an die Stelle der Handarbeit. So wurde, was besonders für die Wirtschaft im damaligen Fürstentum Lippe von Bedeutung war, der Hand­webstuhl zunehmend durch den mechanischen Webstuhl ersetzt. Damit breitete sich die Arbeitslosigkeit unter den Webern aus. Da ein Ausweichen in eine andere Beschäftigung nicht oder doch nur bedingt möglich war, sahen sich die Weber gezwungen, nach Arbeit außerhalb ihres Wohnorts und ihrer Heimat Ausschau zu halten. In den lippischen Dörfern gingen von nun an immer mehr Männer „in die Fremde". Mochte damit auch die materielle Existenz der breiten Masse notdürftig gesichert sein, der Wirtschaft und den Behörden des Landes bereitete die Tatsache Sorge, daß das Fürstentum Lippe infolge des Fehlens guter Verkehrsverbindungen keinen Anteil an dem wirtschaftlichen Aufschwung der damaligen Zeit hatte. So sprechen denn auch die zeitgenössischen Berichte von einer allgemeinen Armut im lippischen Lande. Mit einer gewissen Erbitterung stellen Magistrat und Stadtverordnete von Detmold in einer Eingabe an die Lippische Regierung vom 17. September 1868 fest, daß Lippe den traurigen Vorzug habe, das einzige deutsche Land ohne Eisenbahn zu sein. Wie sehr das ohnehin arme Land dadurch zurückgeblieben, wie sehr seine Zukunft von der Erfüllung dieses immer lebhafter gefühlten Bedürfnisses abhängig sei, brauche nicht dargelegt zu werden.
Man mag in diesen Sätzen einen Vorwurf gegen die Lippische Regierung sehen, bislang nichts für den Bau von Eisenbahnen in Lippe getan zu haben, festzustellen bleibt aber, daß diese sich sehr wohl Ge­danken über die Folgen der fehlenden Eisenbahnverbindung für das Land machte. Lippe war ein armes Land, die Landesfinanzen erlaubten nicht den Bau eigener Eisenbahnen. Die geographische Lage bot den Eisenbahngesellschaften keinen Anreiz, ihr Liniennetz durch Lippe zu führen. Zudem ließen sie sich bei ihren Bahnbauten natürlich nur vom Gesichtspunkt der Gewinnerzielung leiten, wofür das Land mit seinem geringen Verkehrsaufkommen keine Grundlage bot. In Lippe selbst stand eigentlich nur ein Eisenbahnprojekt im Mittelpunkt der Debatten, nämlich der Anschluß Detmolds als der Landeshaupt­stadt an das deutsche Eisenbahnnetz. Dieser Anschluß bestand in Herford an die Köln-Mindener Bahn. Die Bahn Herford—Detmold war also zu bauen. Das Land zeigte sich zu erheblichen Opfern bereit, und so wurde denn auch mit verschiedenen Eisenbahnunternehmern verhandelt. Die Bemühungen blieben ohne Erfolg. Erst am 1. Januar 1881 wurde die Linie Herford—Detmold in Betrieb genommen. Und doch erhielt Lippe schon frühzeitig Anschluß an das deutsche Eisenbahnnetz, nämlich durch die Linie Hannover—Altenbeken. Zwar wurde das Land nur auf wenigen Kilometern  im Räume Schieder berührt, verkehrswirtschaftlich konnten jetzt aber der Lippische Südosten und darüber hinaus weitere Gebiete des Lipperlandes erschlossen werden. Der Anstoß zum Bau dieser Bahn kam von außen, nirgends ist in den lippischen Eisenbahndebatten der damaligen Zeit vom Bau einer solchen Bahn die Rede. Gleichwohl ist anzuerkennen, daß die Lippische Regierung, als sie mit dem Projekt befaßt wurde, sofort zustimmte und ihm jede Förderung angedeihen ließ.
Eisenbahnprojekt Brakel—Schieder—Hameln
Es begann am 5. Dezember 1866, als der Premierleutnant außer Diensten von Münchow, Berlin, dem lippischen Regierungspräsidenten Heldmann den Plan einer Eisenbahn von Brakel über Nieheim, Stein­heim, Schieder, Lügde und Pyrmont nach Hameln unterbreitete. Diese Bahn sollte in die bereits kon­zessionierte Bahn Elze, Münder, Hameln, Rinteln und Löhne einmünden. Der Antragsteller weist in seiner Eingabe auf die äußerst günstige Rentabilität und die strategische, industrielle und kommerzielle Bedeutung hin. Er stellt fest, daß das preußische Handelsministerium am 30. November 1866 die Er­laubnis zur Aufnahme der Vorarbeiten erteilt habe und verfehlt nicht, auf die Vorteile für Industrie, Gewerbe und Bevölkerung jenes Landstrichs, nämlich des lippischen, hinzuweisen. Der Fürst selber wäre in höchstem Maße interessiert. „Der Verkehr nach Höchstseiner Sommerresidenz Schieder wäre sehr er­leichtert." Der leichte Bezug westfälischer Kohle und die billige Wasserkraft der Emmer würden unter anderem in industriellen Anlagen Brettschneidemühlen entstehen und die Bretter wie alle übrigen Pro­dukte jener herrlichen Wälder selbst in ausgedehntestem Umfange schnellsten Absatz in die Welt hinein finden lassen. Es wird um die baldige Erlaubnis zum Bau der Bahn auf lippischem Gebiet gebeten. Bereits am 11. Dezember erhält der Antragsteller aus Detmold die Mitteilung, daß den Vermessungs­arbeiten für die projektierte Bahnlinie nichts im Wege stehe. Voraussetzung sei allerdings, daß dabei mit möglichster Schonung des Eigentums der betreffenden Grundbesitzer verfahren und für jede Be­schädigung vollständiger Ersatz geleistet werde. Es wird um Mitteilung gebeten, welchem Techniker die Ausführung der Vorarbeiten übertragen sei und zu welcher Zeit die Arbeiten beginnen werden. Die Erteilung der Konzession kann erst erfolgen, wenn der Plan für die Ausführung des Baues und das Er­gebnis der Vorarbeiten vollständig vorliegen. Zur Erläuterung sei hinzugefügt, daß für die erwähnten Vorarbeiten nur das lippische Gebiet im Räume Schieder zwischen Harzberg und Noltehof auf einer Strecke von 5,7 Kilometern in Frage kam. Für die Regelung der Grundbesitzabtretung eröffnete sich in­sofern eine günstige Aussicht, als es die Bahn nur mit einem einzigen Grundeigentümer, nämlich der Lip­pischen Domänen- und Forstverwaltung, zu tun haben würde.
Eisenbahn Hannover—Altenbeken
Das Projekt des Herrn von Münchow ist, wie so viele damalige Eisenbahnprojekte, nicht zur Ausführung gekommen. Das war aber nicht zu bedauern, denn inzwischen hatte sich in Hannover ein Ausschuß gebildet, der eine Bahn von Hannover nach Altenbeken bauen wollte. Diese Bahn klammerte in ihrer Linienführung nur die Teilstrecke Brakel—Steinheim des Münchowschen Projektes aus, berührte also auch das lippische Gebiet um Schieder. Der Ausschuß schritt zur Gründung der Hannover-Altenbekener-Eisenbahngesellschaft mit einem Kapital von 9 500 000 Talern Preußisch Courant. Ihr wurde am 25. November 1868 vom König von Preußen die Konzession zum Bau der Eisenbahn Hannover—Altenbeken mit der Auflage erteilt, diese Bahn innerhalb von drei Jahren nach Konzessionserteilung fertigzustellen. Der Bau der Bahn schien nun, da die benötigten Mittel vorhanden waren, in greifbare Nähe gerückt. Der König von Preußen konnte sie aber nur für sein Staatsgebiet konzessionieren. Eine Konzessionierung war auch durch den Fürsten zur Lippe für dessen Staatsgebiet notwendig. Das preußische Ministerium des Äußern wandte sich deshalb an das lippische Kabinettsministerium mit der Mitteilung, daß sich ein Ausschuß gebildet habe, welcher, ohne Beihilfen oder Zinsgarantien aus Staats­mitteln in Anspruch zu nehmen, bereits um Erteilung der Konzession für das preußische Gebiet bei dem preußischen Handelsministerium eingekommen sei. Wichtige volkswirtschaftliche Interessen würden durch die Bahn gefördert. Es seien Gründe vorhanden, anzunehmen, daß der Ausschuß zur Ausführung des Pro­jektes in der Lage sei, was gegenwärtig von der Preußischen Regierung geprüft werde. Es wird gefragt, ob auch die Lippische Regierung bereit sei, das Unternehmen zu konzessionieren und einen Staatsvertrag mit Preußen zwecks Regelung aller mit dem Bahnbau in Verbindung stehenden Fragen abzuschließen. Nach Genehmigung durch den Fürsten bekundete daraufhin das lippische Kabinettsministerium dem preu­ßischen Ministerium des Äußern die Bereitwilligkeit, die Bahn auf lippischem Gebiet zu konzessionieren. Lippe wollte allerdings mit seiner Erklärung gewissermaßen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, denn es hatte mit dieser auch den Wunsch ausgesprochen, mit den einzuleitenden Verhandlungen auch solche über den Bau einer Bahn von Herford über Detmold nach Altenbeken zu führen. Das war nun wieder das im Mittelpunkt der lippischen Eisenbahn-Verkehrspolitik stehende, immer wieder diskutierte und bislang gescheiterte Projekt. Ausführlich äußert sich das Kabinettsministerium über die Bedeutung der zu bauenden Eisenbahn Hannover—Altenbeken. Diese werde Schieder und die lippische Enklave Grevenhagen berühren. Schieder sei die Sommerresidenz des Fürsten zur Lippe und der fürstlichen Familie. Es liefen dort die Chausseen zusammen, die von Detmold, Hörn über Meinberg und von Blomberg einerseits nach Lügde, Pyrmont und Hameln, andererseits nach Schwalenberg, Rischenau und Höxter führten. Es sei der Mittel­punkt eines fruchtbaren Gebiets. Das Kabinettsministerium wünsche daher den Bau eines für den Verkehr ausreichenden Bahnhofs in Schieder, wenn nicht schon die Eisenbahngesellschaft in eigenem Interesse den Bau dieses Bahnhofs vorgesehen habe. In seiner Antwort bemerkt der preußische Minister, daß die Errich­tung einer für den dortigen Verkehr ausreichenden Haltestelle bei Schieder auch von dem Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten für notwendig gehalten werde. Was das Projekt Herford— Detmold—Altenbeken angehe, so beständen keine Bedenken, auf preußischem Gebiet an den geeigneten Stellen die beiderseitigen Anschlüsse zuzulassen. Es würde mit Freuden begrüßt werden, wenn es der Lippi­schen Regierung bald gelingen sollte, eine solche Bahn unter Einsetzung ihres eigenen Kredits ins Leben zu rufen.
Ein Trostpflaster für die Planer der Bahn Herford—Altenbeken war schließlich die Bemerkung, daß der preußische Handelsminister der Auffassung sei, dieses Projekt erscheine noch nicht so weit vorbereitet, um schon jetzt einen Staatsvertrag darüber abzuschließen.
Der Fürst zur Lippe bevollmächtigte dann seinen Regierungspräsidenten Theodor Heldmann zu Verhand­lungen mit Preußen über den Staatsvertrag hinsichtlich der Eisenbahn Hannover—Altenbeken. Dieser Vertrag wurde am 23. Januar 1869 in Braunschweig abgeschlossen. Im Schlußprotokoll vom gleichen Tage wird ausdrücklich festgelegt, daß im fürstlich-lippischen Gebiet bei Schieder ein Bahnhof anzulegen ist. Der 23. Januar 1869 kann also als die amtliche Geburtsstunde des Bahnhofs Schieder angesehen werden. Lippe erläßt bereits am 3. Februar 1869 ein Eisenbahngesetz, um vornehmlich eine Grundlage für die Abtretung und Enteignung der für den Bahnbau benötigten Grundstücke zu haben. Die Ratifikationsurkunden über den Staatsvertrag werden wenig später ausgetauscht. Unter dem 31. März 1869 erhält die Eisenbahngesell­schaft die lippische Konzessionsurkunde.
Nahezu hundert Jahre sind seit dem Bau der Eisenbahn Hannover—Altenbeken vergangen. Nahezu hun­dert Jahre hat Schieder seinen Bahnhof, den ersten in Lippe. Der Staatsbürger, den vielleicht hin und wieder ein ungutes Gefühl hinsichtlich der Regierungs- und Verwaltungspraxis im bundesstaatlich organi­sierten Deutschland beschleichen mag, wird sich gewiß wundern über die hohen und höchsten Stellen, die mit dem Bau unserer Schiederschen Eisenbahn betraut wurden. Da ist die Urkunde, mit der der König von Preußen, der spätere Kaiser Wilhelm der Erste, gegengezeichnet von seinem ersten Minister, dem späteren Reichskanzler Otto von Bismarck, allerhöchst zwei Geheime Räte bevollmächtigt, Verhandlungen mit Lippe über den Eisenbahn-Staatsvertrag zu führen. Da bevollmächtigt auf der anderen Seite der Fürst zur Lippe seinen Regierungspräsidenten Theodor Heldmann. Das preußische Ministerium des Äußern muß mit dem lippischen Kabinettsministerium Verhandlungen führen, das in Lippe die Aufgaben eines Außenministe­riums hat. Das alles geschah innerhalb des Norddeutschen Bundes, zu dessen Mitgliedern auch Preußen und Lippe zählten. Das preußische Handelsministerium steht mit der Lippischen Regierung wegen der bei dem Bahnbau auftretenden Verwaltungsfragen in Verbindung. Zwei Eisenbahnkommissare, preußischerseits der Eisenbahndirektionspräsident Maybach und lippischerseits der Geheime Oberregierungsrat Petri, führen die staatliche Oberaufsicht über den Bahnbau. Mit beiden Seiten schließlich hatte es die Eisenbahn­gesellschaft hinsichtlich der Bauausführung zu tun. Und das alles wegen einer Eisenbahnstrecke innerhalb des lippischen Landes von genau 5700 Metern Länge, vom Fischanger bis zum Noltehof.


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