Die eigenartigen Eigentumsverhältnisse (Hauseigentümer auf gepachtetem Grunde) ließen nicht zu, daß die Häuser der Glashütter mit Steuern belegt wurden. Diese Ungleichheit gegenüber anderen Einwohnern veranlaßte die Kammer, 1860 den Hausgrund zum Kauf freizugeben.
Vom Verkehr in alten Zeiten
Wege und Brücken
Unsere älteste Wegekarte ist in der Zeichnung Besitzstand 1744 (S. 112) enthalten, die Alberti angefertigt hat. Von den darin eingezeichneten Wegen sind die beiden rechts und links parallel zur Emmer laufenden die ältesten und dienten wohl schon in sächsischer und germanischer Zeit als Zugang zu den Fluchtburgen.
Der am Stammhof vorbeiführende Hohlweg kam aus dem Blombergischen. Vor der Glashütte gabelte er sich. Der an der Blomberger Amtsgrenze auf Eschenbruch zu führende Teil hat wahrscheinlich den direkten Zugang zur Herlingsburg gebildet, der andere verlief über die Hovestatt ins Preußische. In seiner alten Form ist dieser Weg nur noch kurz hinter dem Stammhof in Richtung Glashütte erhalten. Rechts der Emmer ging die alte Heerstraße von Hildesheim nach Steinheim ins Paderbornsche. Der Steinheimer Bürgermeister beschrieb ihren Verlauf 1668 so: „unter dem Fischewehr vohr auf den Anger in unser Holz". Der über die Niesebreite verlaufende Teil war der ausgeprägteste Hohlweg im Umkreis. Seit 1950 ist er aber fast ganz zugeschüttet. Der in den Emmerwiesen eingezeichnete Weg war die alte Viehtrift.
Nach Wöbbel zu verlief der Holzabfuhrweg ins westliche Amt Blomberg, er wurde gleichzeitig als Dienstweg von den Spanndiensten aus Belle, Billerbeck und Ottenhausen benutzt, diente ebenfalls als Kirchweg.
Als Nord-Süd-Verbindung verlief die Kasseische Landstraße durch die Lindenallee und am Kruge vorbei durch den Hohlweg im ölberge nach Brakelsiek zu.
Alle Straßen waren völlig unbefestigt. Durch jahrhundertelangen Gebrauch viele Meter tief ausgefahren, wurden sie nur gebessert, wenn schwere Regengüsse oder übermäßiges Befahren in Kriegszeiten das Passieren unmöglich gemacht hatten. Man schlug Pfähle in die Ufer ein und füllte die tiefsten Löcher der Fahrbahn mit Steinen aus. Die ersten Anregungen zur Chaussierung kamen 1787 von der Hessischen Regierung. Sie war am Ausbau der Poststraße von Carlshafen nach Rinteln interessiert. Lippe wurde davon nur auf der Strecke von Fürstenau über Falkenflucht, Niese, Rischenau, Elbrinxen, Lügde berührt. Die Straße verlief dann weiter nach Pyrmont, Sonneborn und ins Schaumburgische.
Weshalb der damals dann auch von lippischer Seite geplante Chausseebau erst etwa 10 Jahre später begann, konnte hernach nicht mehr festgestellt werden.
Hohlweg beim Stammhof mit dem sagenumwobenen Birnbaum
1802 war die Straße Lemgo-Alverdissen bereits zur Hälfte, die von Detmold nach Paderborn bis Heiligenkirchen chaussiert. 1805 wegen der Kriegslage unterbrochen, „da durch die besorglichen Truppendurchmärsche und die schweren Wagen und Geschütze die besten Chausseen verdorben werden", konnte die begonnene Arbeit erst nach der Napoleonischen Zeit weitergehen. Um Schieder fand die Vermessung der Chaussee von der Meierei bis zur Lügder Grenze 1815 statt, 1816 die der Strecke über die Niesebreite und der Chaussee Schieder— Schwalenberg. Der Bau des neuen Weges (Schwalenberger Straße) wurde erst 1858 durch das Hofmarschallamt genehmigt. Bei der Chaussierung wurden auch die jetzt noch bestehenden Brücken über die Niese und die Diestel erbaut. Die hölzerne Notbrücke über die Emmer besteht erst seit 1946, nachdem das Wasser im Winter vorher die steinerne Brücke fortgerissen hatte. Jenes Hochwasser war das größte seit Menschengedenken. Wie schon erwähnt, stand das Wasser in Lügde damals mitten in der Stadt 1,95 m hoch. Die Eisenbahn-•ücke zwischen Wöbbel und Steinheim war nicht mehr zu benutzen, die hinter dem Bahnhof Pyrmont stürzte dabei ein. Als Notbehelf wurden Pferdefuhrwerke eingesetzt, die die Reisenden über die unter ¦ochenen Strecken hinwegbeförderten. In alten Zeiten gaben die Brücken noch mehr als die schlechten Wege Grund zur Klage. 1738 fiel die Brücke vor dem Noltehof ein, als der Noltemeyer gerade darüberfuhr. Sein ganzes Gespann ertrank. dabei. Am 23. Juli 1768 wurden alle Brücken in den Ämtern Blomberg und Schieder in einer Hochwassernacht schwer beschädigt. In Billerbeck alarmierte die Feuerglocke die Einwohner, damit sie die Waddenmühle retteten.
Aus Wöbbel ist aus der Zeit um 1500 die Flurbezeichnung „Brüggemersch", die Mesche an der Brücki überliefert. Nach Knoch soll noch dort bis um 1700 die Passage aus dem Amt Blomberg in das Air Schwalenberg über eine steinerne Brücke gegangen sein.
Die alte fünfbogige Emmerbrücke
Getuschte Federzeichnung von Ludwig Menke 1863
1708 durch den Maurermeister Falcken aus Höxter für 450 Taler erbaut.
Blick nach Siekholz über das Gelände der späteren Eisenbahn. Rechts im Vordergrunde ein Bade-
und Bootshaus.
Fürstenbrücke 1908
Hier wird 1485 von der Vörde (Furt) und Brücke zu Buckenhusen berichtet, die demnach nahe dem Noltehof gelegen hat. 1515 erwähnen die Regesten die lange Brücke zu Schieder. 1708 erbauten die Braker Herren eine 5bogige steinerne Brücke über die Emmer, 332 Fuß lang und 24 Fuß breit. Sie wurde 1908 durch die jetzige „Fürstenbrücke" ersetzt. Welche Sorgen die Erhaltung eines solchen Bauwerks machte, erzählen schon die ersten 50 Jahre nach der Erbauung. 1721 war die erste Reparatur nötig, 1740 der mittelste Brückenbogen durch Treibeis und Hochwasser an den Fußsteinen 6 Fuß tief ausgeflossen, so daß der Einfall drohte. 1756 hieß es, die Brücke sei sehr baufällig. Damals waren die Eispfeiler ruiniert, sie mußten von Grund auf wiederhergestellt und neu geklammert werden.
Wegezoll
Eine Polizeiverordnung von 1620 schuf in Lippe die rechtliche Grundlage für die Erhebung des Wegegeldes „zur Besserung und zum guten Wohlstand der Straßen". In Schieder hatte zuerst beim Kruge ein Schlagbaum gestanden, den die Grafen von Brake auf eine Beschwerde der Paderborner hin wieder entfernen ließen. An der gleichen Stelle befand sich seit 1724 ein Pfahlstock mit der Inschrift „Hier gibt man Wegegeld". Wieder lief eine Beschwerde von Paderborn in Detmold ein. Sie wurde damit begründet, daß die Einführung von Wegegeld auf offenen Landstraßen in den Reichskonstitutionen verboten sei. Paus man die Lügder und Steinheimer nicht zollfrei durchlasse, wolle man den Pfahl mit Gewalt entfernen. Auf Grund eines Berichts des Amtmanns Ribbentrop zu Barntrup wies die Detmolder Regierung nach, daß seit 1648 die Hebung kontinuierlich erfolgt und in der Schiederschen Geldrechnung als Einnahme unter „Wegegeld" oder „Aus dem Zollstock" erschienen sei. Auch zahlten alle Einheimischen ohne Widerrede, das Zeichen sei nur für die ortsfremden Kölner Kaufleute gesetzt.
Auf der alten Hebestelle erbaute Adolph Schlue 1812 ein Zollhaus zwischen der Nachtigall und der Landstraße. Nach der Ernennung des Waldschützen Wennemann zum Chausseegelderheber wurde seit 1820 auch im Fischanger Zoll erhoben. Einschließlich des Beller Chausseehauses bestanden damit auf der Landstraße vom Meinberger Distrikt bis zur Lügder Grenze auf einer Strecke von 35/8 Wegestunden 3 Hebestellen. Das 1839 am Nessenberge eingerichtete Chausseehaus wurde Ersatz für das eingegangene Schluesche Zollhaus. Den Reisenden wurde das Warten vor den vielen Schlagbäumen zur Plage, besonders nachts, wenn der Zöllner erst einmal geweckt werden mußte. So hob man in Lippe 1847 eine Reihe von Zollstellen auf. Um die Abfertigung zu erleichtern, mußte an jeder Zollstelle ein Schild aushängen, auf dem zu lesen war, ob für anderthalb Meilen, für eine Meile oder wie im Fischanger für eine halbe Meile zu zahlen war. Da für unsern Bereich kein solches Schild mehr vorhanden ist, haben wir eins aus Lügde Photographien, das dort am nördlichen Brückentor angebracht war. Als nach dem Anschluß Lippes an den Zollverein 1847 der Silbergroschen eingeführt war (30 Silbergroschen = 1 Taler, 12 Pf = 1 Sgr.), betrug der Tarif bei uns für eine Meile (etwa 9 Kilometer): von Chaissen, beladenen Wagen oder Karren je Zugtier einen Silbergroschen, von leeren Fahrzeugen je Zugtier 6 Pfennig, von getriebenen Tieren, Ochsen, Kühen, Eseln, wilden Tieren je 4 Pfennig, wenn die Tiere in Herden getrieben wurden, je 20 Stück 2 Silbergroschen. Die Straße verlor ihr Verkehrsmonopol, als am 1. Oktober 1872 der Eisenbahnverkehr auf der Teilstrecke Hameln—Altenbeken begann. Mit abnehmendem Straßenverkehr schwand das Interesse des Staates an der Zollhebung. Die Unkosten (Unterhaltung der Chausseehäuser, Entlohnung des Zöllners) überstiegen wahrscheinlich die Einnahmen. 25 Jahre nach der Eisenbahneröffnung hob man den Wegezoll auf.