3. Die sittliche Bildung insbesondere der Schiederschen Schuljugend kann dadurch wesentlich gefördert und die Aufrechterhaltung guter Zucht, Sitte und Ordnung sehr erleichtert werden. Auf dem weiten Schulweg gibt es allerlei Kurzweil, Spaße, Neckereien, Reibungen, ja auch Händel und Rauferei. Man kann das nicht loben und fördern, soll es aber nicht streng tadeln und kann es unmöglich ganz verhindern. Man darf aber nicht unanständiges, ungeziemendes, ja unsittliches Betragen unter ihnen aufkommen lassen. In dieser Beziehung werden oft Klagen geführt. Es scheint außerdem, daß zu Schieder ein etwas leichterer Ton und bei dem jungen Volk eine gewisse Üppigkeit und übermäßige Lebenslust zu Hause ist, etwa daher rührend, daß sie sich darauf etwas zugute tun, daß dort die Sommerresidenz, sie also auch Residenzleute wären. Sie sehen und hören auch manches von solchen, die aus dem Schiederschen Kruge kommen. Bei schönem Wetter bringen sie oft mehrere Stunden auf dem Wege zu, morgens weggegangen, kommen sie teilweise erst zum Vesperbrot heim.
4. Bei dem weiten Weg nach und von Wöbbel durch das Emmertal müssen die Kinder an ihrer Gesundheit Schaden leiden, namentlich die Kinder der Ärmeren, die ihre Kinder schlecht ernährt und halb bekleidet und beschuht zur Schule gehen lassen müssen. Außerdem schwillt die Emmer leicht an und tritt über die Ufer. Dann sorgen sich die Eltern, wenn ihre Kinder auf dem Schulweg sind.
Die Erörterung der Fragen, ob und wie sich die in Antrag gebrachte Errichtung einer Schule in Schieder in Ausführung bringen lasse.
A. Nachweisung der vorhandenen Schulbaumittel:
1. Eine Summe von 212 Talern freiwilliger Beiträge unter dem Vorbehalt, zu weiteren Baukosten nicht herangezogen zu werden. Das ist eine ansehnliche Summe für die ärmlichen Verhältnisse und ein Tatbeweis der Eltern, für ihre Kinder eine eigene Schule zu erlangen.
2. Eine Summe von 200 Talern, welche der Prediger der Wöbbelschen Gemeinde zur Errichtung einer Schule aus seinem Vermögen schenken will unter der Bedingung, daß die Errichtung der Schule in 3 Jahren wirklich zustande käme.
B. Andeutung der künftighin etwa aufzubringenden Mittel: Genau berechnen läßt sich der jährliche Betrag nicht. Mit Sicherheit werden 50 Taler aus dem Schulgeld zusammenkommen. An den Wöbbelschen Lehrer bezahlen die Eltern jetzt einen halben Taler, sie haben sich aber bereit erklärt, bei einer eigenen Schule das Doppelte zu zahlen. Außer dem Schulgeld etwa Naturalien an den Lehrer zu liefern, sind die Bewohner von Schieder bei ihrem geringen Grundbesitz und Ackerbau weniger als andere Dorfschaften in der Lage. Der Betrag von 50 Talern kann sich erhöhen, wenn außer den Schiederschen Kindern auch noch Kinder aus der Nachbarschaft die Schule in Schieder besuchen würden.
Einige Nachtragungen zum Bau eines Schulhauses und zur Besoldung des Lehrers:
1. Die Baukosten werden 1200 bis 1400 Taler betragen. Man darf hoffen, daß sich der Betrag ermäßigt. Das Material ist teils in Schieder, teils in der Nähe. Nahe bei Schieder sind Steinbrüche, im Walde kann das nötige Bauholz gefällt werden, eine Ziegelei für die Bausteine und die Säge mühle zum Schneiden des Bauholzes sind ebenfalls vorhanden. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß sich die Schiederschen Angesessenen durch Leistung von Handdiensten und die Pächter der dortigen Meierei mit Spanndiensten zur Herbeischaffung der Materialien behülflich erweisen. Unter 2 Voraussetzungen ließe sich die Bausumme noch verringern:
a) Die Landesherrschaft müßte gleich wie bei Kirchen- und Pfarrgebäuden so auch zum Bau der Schulhäuser aus dem herrschaftlichen Gehölze Bauholz im Werte von 100—200 Talern bewilligen.
b) Die Hochfürstliche Rentkammer müßte nach der Verordnung vom 10. 5. 1822 zu ihrem Teil von sämtlichen herrschaftlichen Gebäuden in Schieder zum Neubau des Schulhauses beitragen. Das mag nach dem Buchstaben der herangezogenen Verordnung als ein Recht nicht heranzuziehen sein, aber dem Geist des Gesetzes und der Billigkeit durchaus gemäß. Der Wert der herrschaftlichen Gebäude im Verhältnis zu sämtlichen übrigen Häusern daselbst verhält sich wie 13 : 10. 450 Taler der letzteren und 585 Taler der Hochfürstlichen Rentkammer und 150 Taler in Bauholz ergäben die Gesamtbausumme von 1185 Talern.
2. Über die Besoldung des Lehrers, der an der zu Schieder zu errichtenden Schule angestellt würde:
Die Zeiten sind vorbei, wo ein Schullehrer froh war, wenn er 50 Taler bare Geldeinnahme hatte. Und wir haben allen Grund, uns darüber zu freuen. Ob es aber gerade nötig und weise gehandelt wäre, jedem Schullehrer, er möchte ein Neuling und noch gar nicht bewährt sein in seinem Dienst, er möchte noch blutjung und unbeweibt oder schon Frau und Kinder haben, die Summe von 150 Talern anzusetzen, es nicht besser getan wäre, wenn sie mit weniger anfingen und dann nach Maßgabe ihres Verhaltens und ihrer Verdienste mehr an Einnahme erhielten. Darum der unmaß gebliche Vorschlag, für den Lehrer in Schieder im Anfang 130 Taler anzusetzen.
In einem Schreiben an die Regierung vom 27. 8. 1835 befürwortete das Konsistorium den Schulbau. Die Regierung bejahte das Bedürfnis, hatte aber Bedenken, daß andere in ähnlicher Lage befindliche Ortschaften sich auf Schieder berufen könnten. Eine Aufstellung von Ortschaften, in denen das Bedürfnis ebenso dringend war wie in Schieder, enthält Evenhausen, Asmissen, Stapelage und Helpup.
Gegen Ende des Jahres 1835 genehmigte die Regierung den Bau. Für den Lehrer wurden vorerst je Kind 1 Taler und ein festes Gehalt von 60 bis 70 Talern neben freier Wohnung vorgesehen. Außerdem standen ihm 3V2 Scheffelsaat Land auf den Langen Äckern und jährlich 3 Klafter Holz zu. Über das Dienstland gab es später öfter Verhandlungen. 1870 wurde erreicht, daß das Grundstück pachtfrei blieb, von 1898 an wurde statt der Pachtsumme von 36 Mark eine Anerkennungsgebühr von 10 Mark festgelegt. Nach 1909 versuchte der Schulvorstand, sogar durch einen vergeblichen Prozeß, hier den Nachweis einer Schenkung des Landesherrn an die Schule zu erbringen.
1837 stellte die Rentkammer unentgeltlich einen Schulbauplatz zur Verfügung. Gefordert wurde auch in diesem Jahre, ein zusätzliches Zimmer für eine einzurichtende Industrieschule oder eine Spinnstube in die Schule einzuplanen. In jedem Falle sollte ein Backofen vorgesehen werden, um den Lehrer nicht in Abhängigkeit zu seinen Nachbarn zu bringen.
Am 18. März 1838 reichte Baumeister Brune, Detmold, 2 Risse für den Schulneubau ein. 1840 konnte mit dem Bau begonnen werden.
Aus diesem Jahre stammt ein Verzeichnis der Schüler aus Schieder, die damals die Wöbbelsche Schule besuchten:
Erste Schule mit Schulvorstand um 1897
Am 11. Oktober 1841 war das Schulhaus fertig. Als erster Lehrer wurde der aus Blomberg gebürtige Hilfslehrer Kix berufen, der bisher Gehilfe des Kantors Schulz in Langenholzhausen gewesen war. Sein Gehalt betrug anfänglich jährlich 80 Taler. 1843 bekam er eine Zulage von 30 Talern. Da die Lehrerbesoldung in anderen deutschen Staaten bedeutend besser war, bat Kix am 30. September 1859 um seine Entlassung zum 1. Mai des kommenden Jahres, da er in Accum im Oldenburgischen eine Schulstelle und den dortigen Organistendienst angenommen hatte. Der damalige Schulvorstand, vertreten durch Lauber, Stammeyer, Wendt und Büngener, setzte sich beim Konsistorium zwar für eine Gehaltserhöhung für Kix ein, doch bewilligte das Konsistorium die Entlassung des Lehrers, da es ihm nicht zu verdenken sei, wenn er seine äußere Lage wesentlich verbessern könne. Es bewarben sich 10 Lehrer um die vakante Stelle, aus denen nach Verwendung der Schulgemeinde der Lehrer Stock aus Schötmar ausgewählt wurde. Stock war früher schon einmal in Wöbbel gewesen. 1864 wurde Stock nach Lemgo berufen. Auf die Ausschreibung meldeten sich 7 Bewerber. Während zunächst Lehrer Groos aus Stemmen die Ernennung erhielt, nahm der Bewerber selber seine Bewerbung zurück, da er sich in Schieder nicht verbessern konnte.