Die politische Gemeinde
Von der "Winterbergischen Bauerschaft bis zur Gemeinde
Im ganzen 18. Jahrhundert wurden die Bewohner Schieders bei Erhebungen oder Zählungen unter der Winterbergischen Bauerschaft erfaßt. Diese Bauerschaft deckte sich mit dem Gebiet des Amts Schieder. Um 1790 etwa begann die Regierung in Detmold, den Ausdruck „Dorf Schieder" zu verwenden. Als sich 1823 die Fürstlich Lippische Leihekasse bei der Rentkammer erkundigte, ob die Einwohner Schieders und namentlich Brüggemann kontributionsfreie Stätten besäßen, wurde zum ersten Mal die Bezeichnung „Bauerschaft" verwendet. Den Begriff „Gemeinde" führte die Lippische Gemeindeverfassung vom 2. März 1841 ein.
Schulbaupläne und Schulgeschichte
Das Konfirmationsregister des Wöbbeler Kirchenbuchs enthält mehrere Angaben darüber, wohin die Schie-derschen Kinder seit 1695 zur Schule gingen. 1695 und 1700 heißt es: „eine Weile vom Schulmeister zu Brakelsiek präpariert", 1724: „hier (in Wöbbel) zur Schule gehalten", 1769 bei einem Kinde: „bei Oberförster Maertens in der Information gewesen". 1766 besuchte der Sohn des Papiermeisters die Schule in Lemgo, die beiden Söhne Noltemeyers befanden sich in Sonneborn und wurden dort vom Pastor unterrichtet.
Es bestand also keine Schulpflicht im heutigen Sinne. Nur galt allgemein, daß man sich beim Schulbesuch zu der Schule des Pfarrbezirks zu halten hatte. Schieder gehörte demnach zu Wöbbel, Stammeyer zu Blomberg. Glashütte schickte die Kinder sowohl nach Blomberg wie nach Hiddensen. Wegen der Hochwassergefahr auf dem Wege nach Wöbbel hatten sich die Eltern aus Schieder allmählich entschlossen, die Kinder nach Brakelsiek gehen zu lassen. 1793 besuchte kein Schiedersches Kind mehr die Wöbbeler Schule. In diesem Jahre zählte Amtspedell Peter hier 36 Kinder, wovon 13 im schulpflichtigen Alter standen. Mit denen von Stammeyer und der Glashütte rechnete man, auf 30 Schulkinder zu kommen und beschloß, beim Amt und dem Konsistorium in Detmold die Errichtung einer eigenen Schule zu beantragen. Die Einwohner Schieders erklärten sich bereit, für jedes Schulkind jährlich 25 Groschen Schulgeld zu zahlen. Die Glashütter, die bisher in Hiddensen, wo der Schulmeister nur im Winter Schule hielt, 9 Groschen bezahlt hatten, wollten 18 Groschen geben. Die Glasmeister Becker boten 1 Taler 18 Groschen, Papiermeister Plöger 1 Taler, Oberförster Maertens sogar 2 Taler. Das reichte jedoch nicht, um dem künftigen Schulmeister ein Mindesteinkommen von 40 Talern zu garantieren. So machte sich Stammeyer auf den Weg nach Detmold, um beim Konsistorium einen Zuschuß aus dem Falkenhagener Fonds zu erbitten. Obwohl er Erfolg hatte, scheiterte der Plan, weil kein geeignetes Gebäude zur Verfügung stand. Das durch den Tod des Pförtners Kellermeier freigewordene Pförtnerhaus hatte zwar eine für 40—50 Kinder ausreichende Wachstube, doch ließ sich kein zweiter Herd für den Schulmeister anschließen. Kammerrat Caspari, seit 1778 Meiereipächter, wehrte sich außerdem 1795 entschieden gegen eine Entfremdung desPforthauses. Er erklärte sich zwar bereit, zur Errichtung eines neuen Schulhauses im Hammer mit Fuhren beizutragen, schrieb aber gleichzeitig, der Schulweg nach Brakelsiek sei durchaus zumutbar. Für ein neues Schulhaus waren keine Mittel vorhanden. Im ganzen Schulbezirk hatte sich allein der Glasmeister Becker bereitgefunden, unter gewissen Bedingungen für den Bau 15 Taler herzugeben.
Wie dann in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts die Schulfrage erneut in Gang kam, darüber berichtet die folgende Schulgeschichte, die Paul Strate aus in Schieder vorliegenden Akten zusammengestellt hat.
In einem Schreiben der Fürstlich Lippischen Regierung vom 14. Juli 1835 wird das Konsistorium um ein Gutachten über die Errichtung einer Schule in Schieder gebeten und angeregt, den Pastor Rohdewald in Wöbbel zu einem Bericht darüber aufzufordern, da doch dieser sich zu einem ansehnlichen Geschenk für das gute Werk bereit gefunden habe. In einem langen Bericht von 30 Seiten begründet daraufhin Rohdewald am 9. August 1835 den Schulbau in Schieder. Wesentliche Sätze aus diesem Schreiben mögen festgehalten werden. I. Nachweisung der wichtigsten Gründe zur Errichtung einer Schule in Schieder:
1. Es wird dadurch ein ordentlicher und ununterbrochener Schulbesuch wesentlich gefördert, ja, erst möglich gemacht. In der Wöbbelschen Schule sind es von allen Kindern die Schiederschen, die sich am wenigsten ordentlich und regelmäßig einfinden. Weiter Weg, Regen, Schnee, Hochwasser der Emmer machen das Kommen teilweise unmöglich. Es hat sich in den Gemütern der Schiederschen festgesetzt, schon die Fürstin Pauline habe ihnen eine Schule geben wollen, und nun hätten sie einen Anspruch darauf. Das häufig vorkommende Ausbleiben übt sich auch auf die Wöbbelschen Kinder nachteilig aus. Sie fehlen auch häufig und verstecken sich dahinter, die Schiederschen wären ja auch nicht dagewesen. Zu dem häufigen Ausbleiben kommen noch die Störungen durch Zuspätkommen hinzu. Sie entschuldigen sich damit, daß die Uhr in Schieder anders ginge.
2. Der Schulunterricht wird für beide, für die Schiederschen und auch für die Wöbbelschen Kinder viel gedeihlicher, wenn Schieder eine eigene Schule hat. Der beste Unterricht kann bei solchen nur geringe Frucht bringen, die ihn häufig versäumen. Der Lehrer muß häufig wiederholen. Die Mehrzahl der Schuljugend sieht, vielleicht weil der Mensch von Natur arbeitsscheu und anderer Leitung sich zu unterwerfen abgeneigt ist, das Lernen doch als eine Last und Zwangsaufgabe an, die sich so leicht und bequem wie möglich zu machen jedem die Klugheit anrate und gleichsam die Notwehr gebiete. Es wird vor allem das Lernen dadurch erschwert, weil die Schule überfüllt ist. Bekanntlich findet sich hier allerlei Volk zusammen und die Reinlichkeit ist nicht bei allen zu Hause, die Luft drinnen so mit schlimmen Düften angefüllt. Ausgezeichnete Lehrer selbst — und die werden immer selten bleiben — haben große Mühe, für eine so große Menge von Kindern, die in so ungleichem Alter, Fassungskraft und Reife sind, den Unterricht so zu handhaben, daß einerseits alles ordentlich und ehrlich zugehe und jeder sichbeugen und schicken und fein stille und bescheiden sein lerne, und andererseits jedoch auch der bessere Freiheitssinn und die Munterkeit, der fröhliche Sinn der Jugend und die sich regenden und hervorbringenden Keime der Eigentümlichkeit des Einzelnen, die lebhafter und reicher begabt sind, nicht durch einen despotischen Schulzwang und Terrorismus unterdrückt werden. Alles Wissen wird erst fruchtbar durch einen lauteren starken Willen und eine fromme rechtschaffene Gesinnung.